Donnerstag, 21. Februar 2019

(Fach-)ärzte 2.0

Die Erfahrungen, die wir in den vergangenen Wochen mit Ärzten gemacht haben, waren ja etwas gemischt (siehe vorhergehenden Post).
Dass es aber auch anders geht, bewies uns der Radiologe Dr. Rosenstengel aus dem Medizinischen Versorgungszentrum meines Endokrinologen in Vaals.
Der erwies sich nämlich nicht nur als ein Muster an Kompetenz, sondern auch als sachlicher, gut erklärender, einen-ernst-nehmender Arzt. Noch dazu bekam Walter bei ihm innerhalb kürzester Zeit einen Termin. (Kommentar von meinem Endokrinologen Dr. Wicke: Aber empfiehl uns nicht weiter, weil du bei uns schnell einen Termin bekommst, sondern weil wir GUT SIND!) Und das sind sie.
Nett, aufmerksam, kompetent - diese Kombination wünscht man sich als Patient doch! Auch, wenn das Ergebnis nicht super erbaulich war, fühlten sich Walter (und auch ich als Begleitperson) in der Praxis wie immer gut aufgehoben und gut beraten. Wir waren hinterher auf jeden Fall schlauer als vorher und das ist eine Grundlage, mit der wir eher arbeiten können, als mit dem hilflosen Salbader seines Gastro-Enterologen.

Und nach der Besprechung mit dem Radiologen haben wir den Suchradius für einen neuen Gastro erweitert. (Ich kenne auch Leute, die für den Besuch bei einer Endokrinologin quer durch die Republik fahren), aber wir haben Aachen und Umgebung in die eine und Mönchengladbach in die andere Richtung dann doch bei der Suche eingeschlossen. Und Walter ist fündig geworden, im April stellt er sich in einer der Praxen vor.

Vorher steht uns beiden dann noch ein Marathon bevor. Nein, nicht die 42km laufen (obwohl ich schon wieder gut im Training für Halbmarathon bin), - Titer bestimmen und eventuell impfen. Alles. Masern, Röteln, Mumps, Keuchhusten, Hepatitis B. Beide. Denn vor der Einleitung der immunsuppressiven Therapie ist das Durch-Impfen eigentlich PFLICHT. Schade, das WIR den ARZT drauf hinweisen mussten und das nicht von ihm kam. Danke an Frau Dr. Etzbach, dass sie uns drauf aufmerksam gemacht hat!

Und damit haben diese Ärzte es geschafft, dass wir nicht komplett den Glauben an die Kompetenz von Medizinern verloren haben, vielen Dank!




Dienstag, 5. Februar 2019

Kompetenz von Fachärzten und andere Fragwürdigkeiten


Okay, und um den ehemaligen Fahrrad-Profi und GCN-Moderator Matt Stephens zu zitieren: „Straight away: this is going to be a long one.“ (ich fahre gerne zu den Trainingsvideos von GCN auf youtube auf dem Speedbike und mein liebstes Video ist 60 Minuten lang).  Und so wie es aussieht, ist auch dieser Text etwas länger. Und es ist auf neudeutsch ein „Rant“. Früher wurde gemotzt und gemeckert. Heute gibt es einen Rant. Und bevor John Bercow mich zur „Order“ ruft, weil ich von hintenrum rante, fang ich jetzt einfach mal an und entschuldige mich schon jetzt für die Länge dieses Textes.

Letztens fragte ein User bei Twitter (jepp, das Sleepielein twittert), was man im Leben verabscheue. Und für mich war es ganz klar: Menschen, die mich nicht ernst nehmen, die mir das Gefühl geben, dumm und nichts wert zu sein. Davon gab es in meinem Leben schon viel zu viele. Und deshalb reagiere ich sehr allergisch und energisch, wenn mir jemand eben dieses Gefühl gibt.

So wie im Moment Walters Arzt. Walter war bei der Spiegelung und sie war dieses Mal (leider) nicht ohne Befund. Was aber genau der Befund ist, wissen wir nicht. In dem, der uns vorliegt, steht: ulceröse Veränderung. Das ist Wischiwaschi und einfach nur nichtssagend. Schlimmer aber jetzt der Aktionismus des Halbgottes in Weiß:
  •          Abklärende Diagnostik am besten 2 Tage stationär im Krankenhaus. Ambulant nicht, da die Stelle sehr sehr eng sei. Davon steht so NICHTS im Befund!
  •          Cortison (klar, ist ja eine Entzündung)
  •          Immunsuppressiva. Und da schieden sich die Geister schon ganz enorm. Und da hat sich der gute Herr Doktor heute am Telefon vollends disqualifiziert. Denn: das Einleiten einer immunsuppressiven Therapie setzt normalerweise einen umfassenden Impfschutz voraus. Darauf sprach Walter ihn an (ihm fehlen ein paar Impfungen wie Pneumokokken und Windpocken). Kommentar: „Das ist ein guter Einwand!“. Und der muss vom PATIENTEN kommen? Weil der ARZT nicht so weit denken kann oder muss? Dabei mag er doch gar keine Patienten mit eigener Meinung.

Und das Schlimme für mich ist, ich muss an das alles denken. Immer und immer wieder und stets und ständig. Und ich werde nicht nach Geührenordnung bezahlt.
Ich hab den Stress der vergangenen Wochen noch nicht verdaut, das scheiß Leben türmt im Moment einfach noch mehr drauf. Und immer, wenn ich denke, ich sehe Licht am Ende des Tunnels, kommt einer und mauert ihn wieder zu.
Walter hat keine Beschwerden, und wenn, dann nicht an der betreffenden Stelle. Hab ich Blödmann wieder Hoffnung geschöpft, dass alles nicht so schlimm ist. Dass das MRT am Dienstag Klärung bringen wird.
Dann ruft der Internist an und haut mit dem Vorschlaghammer meine kleine Welt zu Klump. „Ambulantes MRT, da möchte ich vorher mit dem Radiologen sprechen“. Und bei mir läuft das Kopfkino from hell. Ja, da bin ich anders als „normale“ Menschen, ich denke dafür in zu vielen Schichten. Bei mir hieß der Satz „die Stelle ist nämlich sehr eng“ nämlich:
  •           Sie sind schwer krank
  •           Sie müssen ins Krankenhaus
  •           Oh Gott, da müssen wir was tun!

Was es andererseits für mich hieß war:
  •          Der schustert dem Krankenhaus und seinem Chefarzt-Kumpel Patienten zu
  •          Der hat einen Fehler gemacht und muss ihn jetzt ausbügeln oder vertuschen
  •          Der hatte die falsche Akte, denn in dem Befund, den wir haben, steht was ganz anderes drin.

Grundsätzlich finde ich es auch äußerst unethisch, einem Patienten so nebulöses Geschwafel am Telefon zu servieren und ihn dann damit komplett im Regen stehen zu lassen. Mit lauter unbeantworteten Fragen, Ängsten und Unsicherheiten. Und das bei einem Patienten, der FAST KEINE Beschwerden hat!
Trotz allem wirft mich das komplett aus der Bahn. Mir geht’s damit, um es in gastro-enterologischer Sprache zu sagen beschissen, denn ich finde das Verhalten zum Kotzen.

Denn das ist im Moment nicht die einzige Baustelle, die einzigen verbliebenen Menschen in meinem Leben machen mir ebenso Kummer.

Ein sehr guter Bekannter, der wir sehr schätzen und mögen hat eine sehr ausgedehnte Raumforderung im Kopf und da seine Frau selbst völlig durch den Wind ist, erfahren wir nur sehr wenig darüber, wie es ihm geht.



Und bezüglich meiner Herkunftsfamilie pendle ich im Moment zwischen „ich bin schön weit weg, es sollte mir einfach alles egal sein, wäre auch gesünder für mich“ und „ich sorge mich kaputt“. Um meine Oma, die durch eigenes Nichts-Tun sich und meinen Onkel in die Bewegungsunfähigkeit manövriert hat, aus der keiner von beiden mehr rauskommt.
Sie konnte sich von einer Minute auf die andere nicht mehr bewegen, legte sich ins Bett und stand nicht mehr auf. Jetzt schon über ein Jahr. Wieso weiß keiner, Diagnostik verweigert sie, Folge: Dekubitus, Katheter, Krankenhauskeim und und und. Dazu mein Onkel mit Abnutzungsschmerzen in Knie, Hüfte und Schulter. Diagnostik verweigert – Bewegung nur rückwärts rutschenderweise im Rollstuhl. Ich könnte schreien, wenn meine Mutter dann am Telefon alles abbügelt mit einem „jetzt ist es halt so und wir müssen das Beste draus machen“. 20 Jahre oder länger wurden Probleme ignoriert, bis sie nicht mehr zu beheben waren. Ich wurde wegen meiner mangelnden Lebenserfahrung ebenso ignoriert, denn was weiß ich schon. Und jetzt, wo es nicht mehr zu kitten ist, wird einerseits gejammert, andererseits weiter ignoriert und auf der dritten Seite weiterhin ignoriert.


Wenn mir noch einmal irgendwer sagt, der Facharzt wisse schon, was er tue und „er ist ja nicht ganz blöd“, dann läuft derjenige Gefahr, sich eine blutende Wunde zuzuziehen oder muss sich meinen Fuß aus irgendwelchen Körperöffnungen operieren lassen. NEIN. Der Arzt ist nicht unfehlbar. Auch wenn er das selbst glaubt und auch wenn er den Anschein erweckt. Über vieles lernen die Ärzte im Studium nämlich tatsächlich NICHTS. Oder zu wenig.

Ja, möglicherweise ist das zwischen Walters Gastro-Enterologen und mir etwas Persönliches. Er hat sich mir gegenüber scheiße verhalten. Und da ich aufgrund meiner Persönlichkeitsstruktur nicht vergesse (ist praktisch eine eingebaute Festplatte, die man nicht löschen kann), bin ich ihm gegenüber vielleicht auch kritischer als nötig. Aber vielleicht hat er sich bei der Erläuterung meines Schilddrüsen-Befundes auch als inkompetentes Rosinenbrötchen herausgestellt. Mag sein. (Dabei entschuldige ich mich hiermit bei allen Rosinenbrötchen dieser Welt, aber ich mag das Zitat aus der Abizeitung von 1995 einfach zu gerne).

Nein, mein Wissen ist nicht von google und yahoo. Mein Wissen ist aus den komischen blauen Büchern mit der weißen Schrift auf dem Cover. (das sind medizinische Fachbücher, für diejenigen, die das nicht wissen). Denn, ja, auch ich hatte einen Studienplatz für Medizin an der LMU und musste ihn damals aus logistischen Gründen absagen. Dafür habe ich 4 Semester gerichtliche Medizin gehört und mich tief in die Materie eingearbeitet, stundenlang mit Gerichtsmedizinern gesprochen, tagelang recherchiert.

Außerdem weiß ich tatsächlich die gängigen Suchmaschinen zu nutzen. Über 90 Prozent meiner Eigendiagnosen waren richtig und die restlichen 10 Prozent betrafen die Dermatologie.
Wenn ich zum Arzt gehe und sage: „Ich hab einen Nabelbruch“, will ich keinen väterlichen Blick und ein „achjaschaunwirmal“. Denn natürlich war es ein Nabelbruch. Und wenn ich sage, ich hab eine aktuelle Blutsenkung, ich brauche nur ein prä-operatives EKG, dann brauche ich auch nur ein EKG. Und kein Geläster, Geflüster und blöde Kommentare und ich lasse mich ganz sicher nicht zu einem unnötigen Aderlass zwingen! Nicht vom Arzt und nicht von den Damen am Counter.

Und möglicherweise erwarte ich von einem Hausarzt, dass er mal einen Blick in die Akte wirft. Denn: entweder ich schaue in die Akte oder ich lasse mir vom Patienten etwas erzählen. Nicht in die Akte schauen UND nicht zuhören ist ziemlich dämlich. Es ist doch nicht die Aufgabe des Patienten, den Arzt über die Sporttauglichkeit zu befragen oder ihn auf den fehlenden Impfschutz hinzuweisen. Da war es ihm dann offensichtlich ganz recht, dass Walter (oder ich) mitdenken. Aber sonst sind ihm aufgeklärte und kritische Patienten wohl echt zuwider und sehr lästig.

Und bevor das hier alles auch lästig wird, will ich dann doch mal rantmäßig zum Schluss kommen. Mit dem für mich tröstlichen Zitat meiner Hausärztin, das mir gezeigt hat, dass mein Wissen nicht schlecht ist, meine Ansätze gut und meine Gedankengänge doch nicht so scheiße: BLEIBEN SIE KRITISCH!
In diesem Sinne ziehe ich mich mal ein paar Tage von der Außenwelt zurück. Dank meiner Persönlichkeitsstruktur kann ich mich meditierenderweise auf eine grüne Wiese zurückziehen und vielleicht endlich etwas zur Ruhe kommen. Das Telefon wird auf AB umgeleitet, ich meditiere mich in die Highlands, streichle meine in der Traumreise existenten Hunde und schalte einfach mal ab.
Tioraidh an-drásta