Mittwoch, 23. Dezember 2020

Rückblick auf ein seltsames Jahr

2020 - oder wie übel kann ein Jahr werden?

2020 hatte es in sich. Natürlich nicht nur für uns, sondern vermutlich für jeden. Für uns brachte das Jahr außer Corona in der Hauptsache eine Menge Arbeit und sehr viele Veränderungen. Walter ist seit März im Home-Office, was sehr gut klappt. Ich bin sowieso immer zu Hause, bin aber in diesem Jahr auf der Flucht vor der Depression selbst für meine Verhältnisse sehr viel gelaufen.

Rund 1300km war ich unterwegs und ich habe einige neue Lieblingsstrecken gefunden. Wer kann schon von sich behaupten, auf seiner Trainingsstrecke außer Kaninchen, Feldhasen und Fasanen auch noch Wisente, Elche, Esel, Wildschweine, Alpakas, Kamele, Pferde, Ponys, Ziegen und Reiher sehen zu können? Und Umwege laufen muss, weil mitten auf dem Weg kapitale Highland-Rinder stehen? Da macht das Laufen gleich doppelt so viel Spaß (na gut, wegen der Reiher und der Umwege dann vielleicht auch nicht).

Womit ich zu einem weiteren wichtigen Thema komme, das mich dieses Jahr sehr beschäftigt hat: Reiher. Ähm, nein. Freunde. Seit ich keinen Kontakt mehr zur Familie habe, konzentriere ich mich auf Menschen, die mir gut tun und gut zu mir sind. So habe ich dieses Jahr einen neuen (Brief)Freund in Kopenhagen gefunden (und über ihn losen Kontakt zu ein paar seiner Freunde). Dank ihm hat sich mein Dänisch, zumindest das geschriebene, sehr verbessert. Ich lese inzwischen ebenso fließend wie Niederländisch, kann es aber besser schreiben, auch wenn Nikolai natürlich immer noch einiges zu korrigieren hat. Außerdem habe ich wieder Kontakt zu ein paar Menschen aus meinem "früheren Leben", was mich sehr freut.

Ich habe über 100 Bücher gelesen und rezensiert, war bei Twitter aktiv und bin auch sonst im Internet viel herumgekommen. Gesundheitlich können Walter und ich uns nicht wirklich beklagen, ich denke, wir können beide ziemlich zufrieden sein. Sportlich konnte Walter nicht so viel machen, ich dafür umso mehr, bis auf die Halbmarathon-Zeit habe ich alle meine persönlichen Bestzeiten mehrfach verbessert. Wir sind sehr viel gewandert, vor allem in der Eifel und der näheren Umgebung, denn wir haben uns ja dran gehalten, im Urlaub nicht wegzufahren und unsere Kontakte so gut wie möglich zu begrenzen. Daher waren wir auch weder im Urlaub in Belgien, noch in Kopenhagen.

Und so bleibt uns fürs neue Jahr der Traum von Kopenhagen und die Leute, die wir dort treffen wollen, die Vorfreude auf viele neue Bücher und die Hoffnung auf eine Rückkehr zu einem wenigstens etwas normaleren Leben.

Allen Lesern wünsche ich hiermit frohe Weihnachten, schöne Feiertage und einen guten Rutsch ins neue Jahr, viel Glück und Gesundheit - passt auf euch und alle anderen auf.


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Und hier noch etwas sehr Persönliches. Seit über einem Jahr habe ich keinen Kontakt mehr zur Familie. Allerdings traf mich die Nachricht vom Tod meiner Oma sehr, denn sie war eine der wenigen, die mir aus der Verwandtschaft noch etwas bedeutet hat. Wir hatten zwar in den vergangenen Jahren keinen Kontakt mehr gehabt, da sie körperlich nicht mehr in der Lage war zu telefonieren, aber natürlich habe ich oft an sie gedacht. Sie, mein Opa und mein Onkel waren fast mein ganzes Leben ein sehr wichtiger Teil von ebendiesem. Zwar hatten wir ab und an sehr große Differenzen, aber wir haben uns meistens doch wieder zusammengerauft. Jetzt ist keiner von ihnen mehr da. 

Aber an dieser Stelle möchte ich eine meiner allerliebsten Stellen aus einer meiner allerliebsten Buchserien zitieren:
“I naturen er der ingen død, kun en ommøblering af atomer” (© Nikolai Troest/Historien om Willum) - in der Natur gibt es keinen Tod, nur eine Neu-Anordnung von Atomen. Nichts geht verloren, alles ist immer noch da, nur in anderer Form. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht - mich tröstet das.

Wenn ich auf das Leben meiner Oma zurückschaue, dann war es vor allem eines: arbeitsam und anstrengend. Immer früh aufstehen, nie ausschlafen, Haushalt, Familie. Nie Urlaub, nie Freizeitspaß, nie wirkliche Erholung, immer Alltag und Monotonie. Ich wünsche ihr nur von ganzem Herzen, dass sie trotzdem glücklich war, dass sie zufrieden war und am Ende zurückblicken konnte und sagen: es war gut so.

E.G. 20.07.1928-08.12.2020. R.I.P.